Archive for Marzo 2015
Rio Trancura – schon der Name klingt nach Unberechenbarkeit
Heute durfte ich das erste Mal in meinem Leben an einem Rafting teilnehmen, aber anstatt erstmal hinein zu schnuppern und das familienfreundliche Rafting „bajo“ zu machen, entschied ich mich natürlich gleich dafür in die Vollen zu gehen. Es war ein wunderschöner Tag, die Sonne schien und wir hatten bestimmt 27°C – was kann es da schöneres geben, als so einen Nachmittag auf dem Fluss zu verbringen und sich von den Stromschnellen durch die Gegend werfen zu lassen?! Also machte ich mich um 14.00 Uhr auf zum Rafting „alto“. Wir wurden in der Agentur abgeholt und mit einem Van zum Rio Trancura gefahren. Wir – das heißt eine Gruppe aus 6 abenteuerlustigen Personen und zwei Guides, die uns auf unserem Rafting Ausflug begleiten sollten. Außerdem sollten sie dafür sorgen, dass wir alle gesund und munter wieder am Ziel ankommen.
Nach rund 25 min Fahrt von Pucóns Zentrum erreichten wir den Rio Trancura, wo wir mit Neoprenanzügen ausgestattet wurden, in die wir uns in den dort vorhandenen Umkleidekabinen hineinzwängen konnten. Den Rest unserer Sachen konnten wir dort einschließen, weil dieser Platz auch gleichzeitig unser Endpunkt sein sollte. In die Neoprenanzüge eingepackt brachte uns der Van noch ein Stück weiter flussaufwärts. Am Startpunkt angekommen wurden wir noch mit der Sicherheitsausrüstung (Helm und Schwimmweste) ausgestattet und es gab es noch eine Allgemeine- und eine Sicherheitseinweisung für das Raften. Dann ging es auch schon los.
Unser Guide, Miro, übte – an dieser noch sehr ruhigen Stelle – zuerst mit uns die Kommandos. Er saß ganz hinten im Raft, um zu steuern und den Überblick zu haben. Der zweite Guide begleitete uns in seinem Kajak. Durch die gemeinsam erlernten Kommandos wurde das Teamgefühl immer stärker und wir näherten uns bald der ersten Stromschnelle.
Diese war noch einfach, was gut war, um ein Gefühl für die Gewalten des Wassers zu bekommen. Doch nach der nächsten gab es kein Erbarmen mehr. Wir wurden nur so durch die Wellen und zwischen den Steinen hin und her geschleudert – das Wasser spritze und der Adrenalinspiegel stieg! Ein riesen Spaß!
Mit jeder Stromschnelle, die wir passierten, stiegen die Euphorie und das Gruppengefühl im Raft – niemand konnte es abwarten die nächste Herausforderung anzunehmen!
Und so kam es ziemlich überraschend, dass wir auf einmal das Raft verlassen sollten – die folgende Stromschnelle wäre wohl zu eng fürs Raft gewesen. Ob das der wirkliche Grund oder einfach nur eine Ausrede war und gute Gelegenheit war, uns aus dem Raft zu bekommen, weiß ich bis jetzt nicht. Aber auf einmal fand ich mich auf einer etwa 5m hohen Klippe wieder, von der ich ins reißende Wasser springen sollt – völlig verrückt. Neben mir der Wasserfall, 100m entfernt eine Steinpartie und das Wasser sah alles andere als still aus – aber ohne drüber nach zu denken sprang ich in die Tiefe! Ohne den hohen Adrenalinspiegel vorher hätte ich das wohl nicht gemacht – doch es war ein wahnsinniges Gefühl! Einfach nur großartig – während des Eintauchens fühlte man das reißende Wasser überall um sich herum, wie es zerrt und zieht. Doch es war kein Problem zurück zum Raft zu gelangen. Ich war so unendlich stolz auf mich nicht gekniffen zu haben und mein Körper bestand förmlich nur noch aus Adrenalin.
Danach kamen noch einige sehr gute, sehr fordernde Stromschnellen – doch viel zu schnell kamen wir dann am Zielpunkt an. Alle unheimlich glücklich und mit einem Grinsen im Gesicht, das wohl den gesamten Tag bei niemandem verschwunden ist.
Wir wurden am Ziel mit Keksen und Saft begrüßt, um uns von der wilden Fahrt zu erholen und etwas zu stärken, zogen uns um und machten uns auf den Weg zurück nach Pucón.
Das war so ein atem(be)raubendes Erlebnis und wird bestimmt nicht das letzte Mal gewesen sein, dass ich raften gehe. Über ein Rafting „bajo“ werde ich mir aber wohl keine Gedanken mehr machen.
Der Vulkan Villarrica hält uns auf Trapp
Schon seit geraumer Zeit wusste man hier in Pucón, dass etwas bevorsteht. Am 5. Februar 2015 konnte Claudio zum ersten Mal seit 4 Jahren wieder etwas Lava im Krater des Vulkan Villarrica sehen. Am 6. Februar wurde der Vulkan dann gesperrt, keine weiteren Besteigungen mehr möglich. Mitte Februar sah man ihn schwarzen Rauch ausstoßen, Ende Februar war das erste Mal ein winziger Ausstoß von Lava zu verzeichnen – und in der Nacht zum 3. März ist er dann endgültig ausgebrochen.
Ich erinnere mich auch jetzt, gut zwei Wochen nach der Eruption, gut an diesen Tag. Aufgrund der Vorgeschichte habe ich mit meinen Mitbewohnern, Kollegen und Freunden natürlich schon oft über eine mögliche Eruption gesprochen. An diesem Tag haben meine Mitbewohnerin und ich uns dann dazu entschlossen, nach der Arbeit zum Supermarkt zu gehen und das Nötigste einzukaufen. Auf dem Zettel standen vor allem Dinge, die man nicht kochen muss und die keinen Kühlschrank benötigen. Also haben wir Brot, Kekse, Schokolade und Thunfisch gekauft. Außerdem habe ich in meinem Kopf eine Art Checkliste erstellt, was ich im Fall der Fälle einpacken müsste. Und eine gefüllte Wasserflasche stand auch bereit.
In der Nacht habe ich sehr unruhig geschlafen. Normalerweise schlafe ich wie ein Stein – einmal eingeschlafen wache ich erst wieder auf, wenn der Wecker wirklich penetrant nervt. In dieser Nacht aber habe ich schlecht geschlafen, mich von links nach rechts gewälzt. Gegen kurz vor drei Uhr habe ich unseren Hund laut jaulen gehört. Da ich das Fenster offen gelassen hatte, habe ich auch nach dem Ton einer Sirene gelauscht – aber nichts gehört. Also habe ich mir dabei nichts gedacht, die Hunde sind nachts öfters mal laut.
Als dann aber kurze Zeit später unsere Gastmutter nach oben kam und rief „Chicas, levantanse, el volcán“, da wusste ich, dass es nun tatsächlich soweit war – der Vulkan Villarrica bricht aus. Dank meiner bereits vorbereiteten Checkliste im Kopf ging in der Nacht alles ruck zuck. Jeans, dicker Pullover, Jacke, Schal – nachts wird es ziemlich kalt draußen. Außerdem noch Wasser, Schokolade und Kekse. Innerhalb von Sekunden waren wir fertig und aufbruchsbereit.
Gemeinsam mit der gesamten Gastfamilie sind wir mit dem Auto ins Zentrum gefahren. Und dort war es erstaunlich ruhig. Viele Menschen sind mit Sack und Pack in Richtung der Peninsula gegangen, von Panik war aber keine Spur. Abgesehen von warmen Pullovern und Jacken war in dieser Nacht aber ganz klar das Handy das wichtigste Utensil. Weit und breit sah man Leute in ihre Mobiltelefone sprechen oder Nachrichten schreiben, denn natürlich wollte jeder wissen, ob es Familie und Freunden gut geht.
Hier im Zentrum haben wir uns also das Spektakel am Himmel angeschaut. Mittlerweile war es etwa 3:45 und es waren zwar noch Lavaausstöße zu sehen, die zu beiden Seiten des Vulkans hinabflossen, diese wurden aber von Mal zu Mal kleiner. Dennoch haben wir lange Zeit hier ausgeharrt, bis wir uns dann letztendlich gegen 6 Uhr morgens völlig durchgefroren und müde dazu entschlossen haben ins Haus zurückzukehren.
Der Vulkan hatte sich noch nicht ganz beruhigt, eine Weisheit meiner Gastmutter lautete allerdings „im Haus ist es am Sichersten, dort ist mir noch nie etwas passiert“. Na gut dachte ich mir, sie muss es ja wissen, dies war nämlich Eruption Nummer 5 in ihrem Leben. Also sind wir nach Haus, wo wir den Ofen angeschmissen und Wasser heiß gemacht haben, um uns alle wieder etwas aufzuwärmen. Die Warnung seitens der offiziellen Behörden war zu diesem Zeitpunkt noch nicht ganz aufgehoben, eigentlich sollte man noch nicht zurück in die Häuser. Ganz wohl war mir bei dem Gedanken daher nicht wieder daheim zu sein, ich habe aber der Erfahrung vertraut, mir einen starken süßen Tee und einige Kekse dazu gegönnt und mich so langsam entspannt. Erst jetzt habe ich gemerkt wie angespannt ich die ganze Zeit war.
Mit dem Sonnenaufgang kam auch meine Ruhe wieder. Ich habe einen Blick aus dem Fenster auf den Vulkan geworfen – er wirkte ruhig. Und die ersten Aufklärungsflüge haben auch bestätigt was ich den diversen Telefongesprächen schon entnommen habe: die Eruption scheint keinen größeren Schaden angerichtet zu haben. Beruhigt bin ich dann etwa gegen 10 Uhr morgens ins Bett gegangen und pünktlich zum Mittagessen um 15 Uhr wieder aufgestanden.
Nun war ich guter Dinge, habe Wäsche gewaschen und mich für einen kleinen Spaziergang ins Zentrum fertig gemacht. Dieser Plan wurde aber ziemlich schnell durchkreuzt. Unsere Gastmutter hat verkündet, dass der Vulkan durch den Ausbruch verschlossenen ist und es daher am sichersten sei Pucón nun zu verlassen. Einen verschlossenen Vulkan Villarrica, das gab es bisher nämlich noch nie. Also habe ich wiederholt einen Notfallrucksack gepackt, schnell bei Freunden in der benachbarten Stadt Temuco gefragt ob wir dort übernachten könnten und weitere Freunde in Pucón informiert dass wir die Stadt verlassen. Glücklicherweise konnten wir auch jetzt wieder mit der Gastfamilie gemeinsam fahren. Im Nachhinein habe ich nämlich erfahren, dass die Bustickets aus Pucón heraus in Windeseile ausverkauft waren – zu dem doppelten Preis natürlich.
Von Dienstag bis Samstag war ich dann also in Temuco – und Pucón war eine Geisterstadt. Zwei Wochen lang ging dann alles seinen normalen Weg, bis ich gestern Abend kurz vor zu Bett gehen einen Facebook-Post gelesen habe: „vamos de nueva Ruca“ hieß der Titel, veröffentlicht gemeinsam mit einem Foto, das leichte Lava Ausstöße zeigt. Es geht also wieder los.
Heute, am Mittwoch, rund zwei Wochen nach der Eruption, wurde der Alarm wieder auf orange hochgestuft. Noch in der Nacht hatte ich wieder einen Notfallrucksack gepackt – nun war es schon fast Routine. Nun heißt es also abwarten was in den nächsten Tagen passieren wird, es bleibt spannend.
Abseits von den Massen – Wandern im „El Cañi“
Ich bin eine Naturliebhaberin – ich liebe es, Vögel zu beobachten, schöne Pflanzen zu entdecken und allgemein die Energie in den Wäldern, Wiesen und allen naturbelassenen Orten zu spüren. Nun bin ich in Pucón in Chiles Vulkan- und Seenregion und versuche natürlich so viel von der wunderschönen Natur um mich herum mitzunehmen wie nur möglich. Da gibt es nur ein Problem – Pucón ist ein Touristenort und hier wimmelt es zurzeit von Menschen mit dem gleichem Wunsch. Und wie immer wenn man auf so viele Menschen trifft, wird der eigentliche Zauber der Natur etwas genommen, da die Ruhe dort dann fehlt. Deswegen wurde mir empfohlen im „El Cañi“ wandern zu gehen.
Nicht nur, weil man dort zwei schöne Seen hoch oben zwischen den uralten und hier typischen Araukarien finden kann. Und auch nicht nur wegen des Felsen, den man beklettern und von dem aus man die gesamte Umgebung im 360°-Panorama mit ihren Vulkanen, Bergen und Seen überschauen kann. Nein, eigentlich bin ich hierhergekommen, weil sich zu diesem Ort weit weniger Touristen verirren als in die anderen Nationalparks in der Umgebung und es daher der ideale Ort zu sein scheint, dem Trubel der Stadt zu entkommen.
Mit dem öffentlichen Bus bin ich ca. 40 Minuten bis zum Eingang des Nationalparks gefahren, wo ich mich zunächst anmelden musste, bevor ich meinen Aufstieg beginnen konnte. Dort habe ich auch eine Karte erhalten, auf der mehr oder weniger gut eingezeichnet war, welchen Weg man einschlagen sollte. Der erste Teil der Route führt noch an mehreren kleinen Wohnhäusern vorbei, bis man nach etwa 15 Minuten einen Bauernhof erreicht. Dort kann man Brombeeren, Pflaumen und noch einige andere typisch chilenische Früchte pflücken, um sich noch ein letztes Mal für den Aufstieg zu wappnen. Denn kurz dahinter befindet sich der Eingang zum Nationalpark. Gleich zu Beginn führt der Weg ca. 2-3 Stunden sehr steil bergauf. Und er ist nicht nur steil sondern auch dazu noch schwierig zu bewandern, da teilweise der Sand sehr rutschig oder der Weg von großen losen Steinen geprägt ist. Es empfiehlt sich morgens schon früh auf den Beinen zu sein, da die Strecke sowohl durch den Wald, als auch über weite Teile durchs offene Gelände führt. Die starke Sonne erschwerte den Aufstieg nochmal ungemein.
Doch nach 2 -3 Stunden war es dann geschafft und besonders im oberen Teil des offenen Geländes hat man einen fantastischen Blick auf den Vulkan und den See Villarrica sowie auf weitere Gebirgslandschaften und Seen, die die Vulkan- und Seenregion rund um Pucón prägen.
Die erste Station, die auf der Karte eingezeichnet ist, ist das Refugium. Das ist eine Hütte, in der es möglich ist gemeinsam zu grillen und zusammenzusitzen. Eine tolle Möglichkeit für Personen, die am Fuß des Nationalparks zelten. Auch ich hatte dort mein Mittagessen. Zwar kein gegrilltes Steak, aber ein leckeres Sandwich – das war auch wirklich nötig! Nach einer langen Pause, in der ich die Energien vom langen, steilen Aufstieg wieder aufgefüllt habe, raffte ich mich auf, um den Weg fortzuführen und die Lagunen zu erreichen.
Vom Refugium sollten es noch 40 Minuten bis zur ersten Lagune „Lago Secco“ sein. Hier begann der schöne Teil der Wanderung. Bis zur Spitze mussten zwar noch etliche Höhenmeter überwunden werden, aber hier befanden wir uns schon im subtropischen Regenwald. Die Wege waren besser und die Flora und Fauna nahm zu: ich konnte eine Vielfalt an verschiedenfarbigen Salamandern entdecken, die sich sonnten oder einfach durchs Dickicht schlüpften, es gab viele Singvögel zu hören und wunderschöne Blumen zu bestaunen. Der Sandboden war sehr angenehm zum Wandern und mit fortschreitender Zeit nahmen meine Energie und die Lust darauf, die Gegend zu erkunden, auch wieder zu. Nach etwa 20 Minuten hatte ich den Aufstieg dann hinter mir und konnte ganz entspannt durch den Wald spazieren – bis dahin bin ich, abgesehen von meinen zwei Reisebegleiterinnen, erst auf zwei weitere Menschen gestoßen.
Angekommen am „Lago Secco“, der seinem Namen alle Ehre macht, musste ich einsehen, dass ich hier wohl nicht schwimmen gehen könnte. An der Stelle, an der noch etwas Wasser zu finden war, glich er eher einem Schlammloch. Trotzdem war es dort wunderschön, da man das Gefühl bekam, sich in der Savanne zu befinden. Ich bekam auch noch drei Seevögel zu Gesicht, an die man bis auf 3 Meter heran kam – ein atemberaubendes Erlebnis. Nachdem ich die Gegend dort erkundet hatte, machte ich mich auf den Weg zum „Lago Negro“. Ich brauchte etwa nur eine halbe Stunde um dorthin zu gelangen, es gab keine Anstiege mehr und ich konnte den gesamten Weg die wunderschöne Natur genießen. Dieser Teil der Strecke hat mich begeistert und entschädigt für den langen anstrengenden Aufstieg. Der „Lago Negro“ war gar nicht schwarz, wie sein Name es vermuten ließ. Er war ebenfalls wunderschön blau – das Wasser glitzerte und drum herum standen die wunderschönen Araukarien mit den Felsen im Hintergrund. Einfach nur grandios! Es gibt dort auch einen kleinen Strand und wer mag, der kann einmal um den gesamten See laufen.
Auch an dieser Stelle musste ich mir, obwohl es so atemberauben schön dort ist, den See nur mit ungefähr 10 Menschen teilen. Was aber nicht im Geringsten störte, weil diese mit genau derselben Intention da waren wie ich; sie wollten einfach in Ruhe die Natur genießen.
Bis ganz hoch zum Aussichtspunkt habe ich es leider nicht mehr geschafft, dafür hatte ich mir vorher zu viel Zeit gelassen. Für heute war an diesem See also meine Endstation. Ich werde aber definitiv noch einmal den „El Cañi“ Nationalpark besuchen, um bis nach ganz oben zu wandern!
Vulkan Villarrica – rauf auf den aktivsten Vulkan Südamerikas
Leider ist der Vulkan Villarrica seit dem 6. Februar 2015 für Exkursionen gesperrt. Und spätestens seit dem 3. März 2015 wissen wir auch warum: seine Aktivität stieg und stieg und stieg, bis es dann final Anfang März zum Ausbruch kam! Trotzdem möchte ich euch gerne erzählen, wie ich die Besteigung des nun vermutlich aktivsten Vulkans im Januar 2015 erlebt habe.
Gleich zu Beginn meines Praktikums in Pucón hat sich mir die einmalige Gelegenheit geboten, den Vulkan Villarrica zu bestiegen. Und die wollte ich mir natürlich nicht entgehen lassen! Klar habe ich zu Beginn etwas gezweifelt, schließlich ist der Vulkan Villarrica 2.847 Meter hoch und gehörte auch bereits Anfang des Jahres mit zu den aktivsten Vulkanen Südamerikas. Und ich kam grade aus einem 3,5 wöchigen Kuba-Urlaub, in dem ich ganz sicher keine Berge erklommen habe. Dennoch habe ich diese Herausforderung angenommen. Und es hat sich gelohnt kann ich euch sagen!!!
Die Vorbereitungen für die Vulkanbesteigung beginnen schon einen Tag zuvor. Bei Summit wurde mir – und natürlich auch jedem anderen Teilnehmer – eine wind- und wasserdichte Überziehhose sowie Jacke und spezielle Wanderschuhe zur Verfügung gestellt. Die galt es anzuprobieren, damit am Tag des Ausflugs kein unnötiger Stress mehr entsteht. Außerdem wurde mir von Suzi noch ein Merkzettel mit auf den Weg gegeben, ein Alkoholverbot für den Abend ausgesprochen und Pasta als Abendessen empfohlen. Schließlich sollte ich fit und gut gestärkt am nächsten Morgen auf den Vulkan steigen können. Und viel Energie brauchte ich definitiv!
Am Morgen des Aufstiegs habe ich gegen 6:00 Uhr mein Reiseproviant gepackt (Wasser, Sandwich, Schokolade (überlebenswichtig!!), Obst. Hauptsache Nahrung mit viel Energie) und mich auf den Weg gemacht. Für 6:30 Uhr war das Treffen angesetzt. Unsere Ausrüstung stand schon individuell für jeden Teilnehmer zusammengestellt in Boxen bereit. Insgesamt bestand sie aus den bereits anprobierten Wanderschuhen, der Überziehhose und Jacke, Gamaschen, Eispickel, Steigeisen, Handschuhen, Tellerschlitten und einem Rucksack. Schuhe und Gamaschen haben wir bereits vor Ort angezogen, alle weiteren Utensilien sowie Proviant haben wir in den Rucksäcken verstaut oder in unseren Boxen zurückgelassen. Gegen kurz vor 7 haben wir uns dann im Van auf den Weg zur Talstation des Vulkans gemacht. Wir mussten uns ganz schön beeilen damit wir noch aus dem Ort rauskamen, denn es war der Tag des Iron Man in Pucón und ab 7 Uhr wurden sämtliche Straßen der Innenstadt gesperrt. Aber es hat alles reibungslos funktioniert. Nach einer etwa 30 minütigen und mitunter sehr holprigen Fahrt sind wir am Skizentrum angekommen. Dort sind wir mit einem Sessellift chilenischer Bauart (sehr interessant wenn man sonst nur die modernen Skilifte aus Österreich kennt) etwa 400m höher zur Schneegrenze gefahren, wodurch uns eine weitere Stunde Aufstieg erspart wurde. „Wir“, das sind übrigens 12 Teilnehmer begleitet von 4 erfahrenen und vor Energie sprühenden Tourguides.
Auf einer Höhe von etwa 1.800 Metern begann nun unser Aufstieg auf den Vulkan Villarrica. Bei der Endstation des Sessellifts haben wir mit Hilfe unserer 4 Guides die restliche Ausrüstung angelegt und – ganz wichtig – das Gesicht noch einmal ordentlich mit Sonnencreme eingecremt. Die ersten Schritte im Schnee mit den Steigeisen an den Füßen und dem Eispickel in der Hand waren noch etwas ungewohnt, aber dank der guten und anschaulichen Erklärungen von Claudio hat sich das bald gelegt. Nach etwa 30 Minuten Aufstieg haben wir die erste Pause eingelegt, in der getrunken, gegessen und wiederholt das Gesicht eingecremt wurde. Das sollte die Routine jeder Pause werden. Von diesem Punkt aus konnte ich bereits etwas sehen, das aussah wie ein Gipfel. Leider war das weit gefehlt. Dieser „Gipfel“ war ein Plateau und der Ort für unsere zweite Pause. Von dort aus hatte man einen einmaligen Blick ins Tal und auf den See Villarrica und Claudio hat uns in jeder Pause viel über die Geologie des Tals und die Geschichte des Vulkans erläutert. So habe ich zum Beispiel erfahren, dass der Name des Vulkan Villarrica in Mapudungun (der Sprache der Mapuche) „Ruca Pillan“ ist, was so viel wie „Haus des Geistes“ heißt.
Nach dem immer gleichen Verfahren essen, trinken, Sonnencreme, ging der Aufstieg weiter. Mein Atem ging zu diesem Zeitpunkt schon schneller, die ersten Ermüdungserscheinungen stellten sich ein. Nicht so bei unseren Guides. Die sind neben uns den Berg hochgelaufen (wirklich gelaufen!), wieder runter, nach rechts, nachgefragt wie es uns geht, gesungen. Unglaublich! Diese Energie und gute Laune hat uns glaube ich allen geholfen weiterzugehen. Denn spätestens nach der dritten Pause war bei mir nicht mehr an singen zu denken. Ich habe mich so erschöpft gefühlt dass mich nur noch die Schokolade am Leben hielt und ich war froh, wenn ich in einheitlichem Tempo und mit kleinen Schritten den Anderen hinterhertrotten konnte. Dieser Abschnitt zwischen Pause 3 und 4 war für mich der Anstrengendste, denn wir waren schon seit einer gefühlten Ewigkeit unterwegs und noch immer nicht am Ziel. Dann hat allerdings der Ehrgeiz zugepackt, schließlich wollte ich unbedingt den Gipfel erreichen! Hier, im letzten Abschnitt des Berges, war alles nur eine Sache des Kopfes.
Und dann, nach etwa 4 Stunden Wanderung, standen wir oben. Was für ein Gefühl! Ich stand neben dem Krater eines aktiven Vulkans auf einer Höhe von 2.847 Metern und habe den ganzen Weg allein zurückgelegt! (ja, ich weiß, rational gesehen war es nicht der ganze Weg, zu dem Zeitpunkt war mir das aber egal). Wir haben sogar versucht einen Blick in den Krater zu werfen, die Schwefeldämpfe machten das Atmen dort aber so gut wie unmöglich. Und wie Claudio uns erklärte kann man die Lava schon seit etwa 4 Jahren nicht mehr sehen. Was man allerdings super sehen konnte war ein Teil der Region Araucanía, mit dem See Villarrica und Pucón zu unseren Füßen und weiteren Bergen und Vulkanen in der Ferne.
Nach einer ausgiebigen Pause und der immer gleichen Routine essen, trinken, Sonnencreme, haben wir uns an den Abstieg gemacht. Der „Abstieg“ war allerdings eher ein „Abrutschen“, denn wir haben uns einfach auf den Hintern gesetzt und sind in einer Art Fahrrinnen den Vulkan hinuntergerutscht. Das war wirklich die mit Abstand längste Rutschpartie, die ich je gemacht habe! Die Ausgelassenheit der Gruppe zu dieser Zeit war kaum zu überhören!
An der Schneegrenze angekommen mussten wir doch noch ein Stück zu Fuß zurücklegen, bis wir dann alle erschöpft aber überglücklich am Van angekommen sind.
Zurück in der Agentur gab es ein wenig Saft und Obst zur Stärkung und ich bin mir zu diesem Zeitpunkt sicher: dass war zwar ein super anstrengender, aber dafür auch der beste Start, den ich mir für meine Zeit hier wünschen konnte!
Über Stock und über Stein hinauf zum Vulkan Quetrupillan
Langsam steigt die Sonne über die umliegenden Hügel, einige Strahlen erreichen schon den Bambuswald und lassen den Morgentau glitzern. Still schaue ich mich um und genieße den Anblick und die Ruhe der Natur…
So beginnt nicht etwa einer der zahlreichen Romane, nein nein, dies ist der Beginn meines Aufstiegs auf den Vulkan Quetrupillan.
Dieser schöne und idyllische Ort befindet sich etwa 1 Stunde Fahrtzeit von Pucón entfernt, gegen 8 Uhr morgens sind wir dort angekommen. Und im Gegensatz zum Vulkan Villarrica befinden sich hier nur einige wenige Gruppen, die den heutigen Aufstieg wagen wollen. Warum? Keine Ahnung, vielleicht weil dieser schlafende Vulkan zunächst weniger Nervenkitzel vermuten lässt als sein aktiver Bruder. Und in der Tat, der Aufstieg ist gänzlich anders, aber wunderschön!
Wie schon eingangs erwähnt führte uns der Weg zunächst durch einen wunderschönen naturbelassenen Bambus- und Buchenwald. Genau wie bei der Besteigung des Vulkan Villarrica haben wir uns Gamaschen um die Beine geschnallt – diesmal dienen sie vor allem dafür, dass sich die Hosenbeine nicht in den Büschen verheddern oder man mit seiner Hose unnötig viele kleine Kletten sammelt. Neben diesen kleinen Widrigkeiten gab es im Wald auch ein großes Hindernis zu überwinden und das gleich ziemlich zu Beginn. Ein riesengroßer Baumstamm lag dort quer über dem Weg. Also mussten wir uns durch die Äste kämpfen, anschließend eine geeignete Stelle finden, unserem Guide die Hand reichen und den Baum erklimmen. Noch ein kurzes Stück balancieren und auf der anderen Seite wieder runterhüpfen – geschafft.
Etwa drei Stunden sind wir durch den Wald gewandert; hoch, geradeaus, wieder ein Stückchen hoch…. Die Sonne wurde immer kräftiger und Schicht um Schicht haben wir die Jacken abgelegt. So ein Zwiebellook eignet sich wirklich hervorragend zum Wandern am frühen Morgen!
Gegen 11:30 Uhr traten wir dann nach einem letzten Anstieg aus dem Schatten der Bäume in die gleißende Sonne. Von hier hatten wir einen wunderschönen Blick auf die umliegenden Berge und den Vulkan Quetrupillan. Mit diesem Panorama um uns herum haben wir unsere erste größere Pause eingelegt. Jeder konnte einen ordentlichen Schluck Wasser trinken, etwas Leichtes essen und selbstverständlich die alt bewährte Sonnencreme auftragen. Dann ging es auch schon weiter.
Der Weg nun unterschied sich merklich vom Vorherigen. Nun ging es nicht mehr durch dichten Wald, über Stöcke und weichen Boden, sondern über Steine und Felsbrocken in der prallen Sonne. Leicht konnte man die Distanzen hier unterschätzen. Es wirkte alles so nah, wenn man allerdings genauer hinsah, konnte man in einiger Entfernung kleine Ameisen sehen, die den Berg hochkrabbelten. Diese kleinen Ameisen waren die Teilnehmer einer anderen Gruppe, die uns ein Stück voraus war. Also war der Weg doch noch ganz schön weit, wenn sie so klein wirkten… Das Tempo unserer Gruppe wurde nun immer langsamer und jedem war die Anstrengung anzumerken. Unsere Guides haben uns dazu angespornt dennoch im einheitlichen Tempo weiter zu wandern – denn das sei einfacher, als immer mal wieder schnellere und langsamere Etappen einzulegen. Nach einiger Zeit erreichten wir dann die ersten Eisfelder. Da wir mit unseren eigenen, ganz normalen Wanderschuhen, unterwegs waren, sind wir hier alle langsam und sehr vorsichtig hintereinander her gewandert, immer im Bemühen, in die Fußstapfen des Vordermannes zu treten. Nachdem das letzte Eisfeld überquert war, machten wir noch einmal eine Pause, um die letzten Energiereserven zu bündeln und den finalen Aufstieg anzugehen.
Für mich war an dieser Stelle allerdings Ende: ein deutsches Gruppenmitglied war zu erschöpft, um den Aufstieg fortzuführen. Da niemand allein auf dem Berg zurückbleiben soll, war ich als deutsche Praktikantin prädestiniert dafür, mit ihr dortzubleiben. Ein bisschen schade war es schon, schließlich waren wir wirklich dicht vor der Spitze! Andererseits war auch ich ziemlich kaputt und daher gar nicht böse um die lange Pause. Also haben wir uns einen windgeschützten Platz hinter einem Felsen gesucht, die gesamte Kleidung angelegt, das Essen ausgepackt und es uns dort auf unseren Rucksäcken bequem gemacht. Der Ausblick hier war einfach einmalig! Das ist mir vorher während des Aufstiegs gar nicht richtig aufgefallen! So saßen wir dort also, haben uns über unser Leben in Chile unterhalten und den Ausblick genossen. Welch eine schöne Pause.
Nachdem auch der andere Teil der Gruppe seine Pause auf der Spitze genossen hatte, holten sie uns ab und wir machten uns gemeinsam auf den Weg nach unten. Hier war nun deutlich zu merken, dass alle schon ziemlich erschöpft waren. Auf dem steinigen Untergrund kam man schnell ins Rutschen und auch trotz Wanderstock ist der ein oder andere von uns einmal kurz auf dem Hintern gelandet. Besser wurde es dann, als wir den Wald erreichten und von der Sonne geschützt waren. Dort habe ich mich immer gefragt „wann kommt denn endlich dieser Baumstamm zum Rüberklettern?“. Als er dann da war kam das nächste Problem: von dieser Seite aus war er schwieriger zu besteigen und unsere Muskeln waren schlapp, also wich das elegante, schwungvolle hinaufsteigen des Hinwegs nun eher einem schlaffen Hochkrabbeln – aber dennoch haben es alle geschafft. Alle bis auf einen – einer unserer Guides nämlich war neugierig was sich im Dickicht hinter dem Baumstamm befindet, ist hingegangen… und ohne Probleme auf der anderen Seite wieder rausgekommen! Ha, dieses Hindernis hätten wir also gar nicht überwinden müssen! Naja, auch egal, irgendwie gehört so ein umgefallener Baumstamm ja in einem Urwald dazu.
Nach etwa 10 Stunden haben wir unser Auto dann endlich wieder erreicht. Und uns alle direkt gierig auf den Wasserhahn mit kristallklarem frischem Bergwasser gestürzt, der sich in der Nähe des Parkplatzes befand.
Am Ende des Tages hat mir mein Handy mitgeteilt, dass ich etwa 33.000 Schritte und über 20 km zurückgelegt habe. Grund genug, um zum Abendessen Pasta zu kochen und richtig zuzulangen!